Dr. Franjo Grotenhermen hat eine Stellungnahme zum Nutzen von medizinischem Cannabis bei ADHS herausgebracht. Diese fasst den Stand der Wissenschaft zu Cannabis bei ADHS bis Mitte 2022 gut zusammen und sollte bei keinem Antrag auf Kostenübernahme fehlen: https://www.datocms-assets.com/58349/1680374598-ubersicht_cannabis-bei-adhs.pdf
Zitat aus der Stellungnahme:
Die aktuelle wissenschaftliche Datenlage zur Wirksamkeit von cannabisbasierten Medikamenten und
ADHS zeigt folgendes:
- Das Endocannabinoidsystem ist bei der Entstehung der ADHS beteiligt. Eine Fehlfunktion des Can-
nabinoid-1 Rezeptors führten in Tierversuch zu einer verstärkten Impulsivität, die durch die Gabe von
Cannabinoiden ausgeglichen werden kann. Bestimmte Genvarianten dieses Rezeptors bei Menschen
sind mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer ADHS verbunden. - Es gibt einen Zusammenhang zwischen ADHS und Cannabiskonsum. Patienten mit ADHS verwen-
den häufiger Cannabis als Kontrollpersonen. Dafür gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Cannabis
könnte die Symptome der ADHS verschlechtern, oder Patienten mit ADHS greifen vermehrt zu Can-
nabis, weil sie durch die Droge eine Symptomlinderung erfuhren. - Eine Übersicht aus dem Jahr 2021 von der Stanford-Universität kommt zu dem Ergebnis, dass es
keine negativen Einflüsse eines Cannabiskonsums auf die Symptome der ADHS gibt. - Viele Patienten mit ADHS und ihrer Therapeuten erleben, dass cannabisbasierte Medikamente bei
ADHS sehr wirksam sein können. Das ist kein deutsches Phänomen. So haben sich beispielsweise
einige Mediziner aus den USA bereits im Jahr 2004 vor einem Unterausschuss des Kongresses für
Drogenpolitik für Cannabis als Mittel zur Behandlung der ADHS ausgesprochen (Marijuana and Medi-
cine 2004) - Diese Annahme wird durch zum Teil eindrucksvolle Fallberichte und eine erste placebokontrollierte klinische Studie, die gezeigt hat, dass Cannabis die Impulsivität von ADHS-Patienten reduziert und
tendenziell auch die Aufmerksamkeit verbessert, bestätigt. - Der Gesetzgeber hat in Paragraf 31 Abs. 6 SGB V nicht verlangt, dass es eine gesicherte klinische
Basis für die Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS gibt, denn dann bräuchte es diesen Paragrafen
nicht. Es wird eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine Besserung der Symptome verlangt.
Die wissenschaftliche Datenlage zeigt, dass es nicht nur eine ganz entfernt liegende Aussicht, son-
dern starke Hinweise gibt, dass zumindest ein Teil der Patienten mit ADHS von einer Therapie mit
cannabisbasierten Medikamenten profitiert. Das schließt nicht aus, dass Cannabis bei anderen Patienten nicht wirksam ist oder gar schädliche Auswirkungen haben kann. Das ist allerdings keine Besonderheit einer Cannabistherapie, sondern betrifft die meisten pharmakologischen Therapien.