Entwurf CannG. Weitreichende Einnahmeverbote für medizinisches Cannabis per Vaporizer geplant

Hallo liebe Mitpatienten,

im Entwurf für ein (Cannabisgesetz (CanG)) aka Säule I aka Entkriminalisierung findet sich folgender Paragraph auf Seite 53, der leider weitereichende Konsequenzen zu haben scheint:

„§ 24
Kinder- und Jugendschutz im öffentlichen Raum
§ 5 Absatz 2 des Cannabisanbaugesetzes gilt entsprechend, wenn Cannabis zu medizinischen Zwecken im öffentlichen Raum mittels Inhalation angewendet wird.“

Es soll die medizinische Inhalation also der Inhalation im Freizeitkonsum gleichgestellt werden. Was steht denn nun in § 5 Absatz 2?:

"(2) Der Konsum von Cannabis in unmittelbarer Gegenwart von Personen, die das 18.
Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist verboten. Der öffentliche Konsum von Cannabis
ist verboten

  1. in und in einem Abstand von bis zu 200 Metern zum Eingangsbereich von Schulen,
    Kinder- und Jugendeinrichtungen, in öffentlich zugänglichen Sportstätten sowie auf und
    in einem Abstand von bis zu 200 Metern zum Eingangsbereich von Kinderspielplätzen,
  2. in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr sowie
  3. innerhalb des befriedeten Besitztums und in einem Abstand von bis zu 200 Metern zum
    Eingangsbereich von Anbauvereinigungen."

Es soll uns Patienten also nahezu in jeder Stadt verboten werden, unsere Medizin(!) einbzunehmen. Wer nachsehen möchte, wie die Situation in der eigenen Stadt ist, dann dafür die Bubatzkarte nutzen, innerhalb der roten Kreise bleibt uns Patienten die Einnahme per Vaporizer versagt:

Im folgenden beispielhaft die Situation für Koblenz, die Kreise sind aber noch unvollständig, da die Anbauvereinigungen noch fehlen und nicht alle Einrichtungen nach Punkt 1. verzeichnet sind:


Was blüht uns Patienten den nun, wenn wir öffentlich unsere Medizin einnehmen und nicht wissen, dass sich in 200 Metern Entfernung ein Spielplatz oder eine Anbauvereinigung befindet?

Seite 32:

"§ 38
Bußgeldvorschriften
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

  1. entgegen § 5 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Cannabis konsumiert,"

Seite 34:

„(2) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 4, 6, 7,
9, 10 12, 14 bis 17 und 19 bis 24 mit einer Geldbuße bis zu einhunderttausend(!) Euro und in
den übrigen Fällen des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro geahndet
werden.“

Letztendlich bedeutet das, dass Patienten, die Blüten vaporisieren, zukünftig nicht nur bei der Kostenübernahme schlechter gestellt, sondern sogar mit einem Bein im finanziellen Ruin stehen sollen.

Was sagt die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin dazu?

In ihrer Stellungnahme zum CannG schreibt die ACM:

„§ 5 (Konsumverbot)
Es muss sichergestellt sein, dass Personen, die Cannabis aus medizinischen Gründen benötigen, weiterhin auch außerhalb ihrer Wohnung im öffentlichen Raum ihr Medikament einnehmen dürfen.
Selbstverständlich müssen Patient:innen ihr Medikament zu Hause auch einnehmen dürfen, wenn Kinder im Haushalt leben.“

Am 16. August wird die nächste Version des Entwurfs im Kabinett beraten. Lasst uns wachsam bleiben und hoffen, dass dieser Passus gestrichen wird.

4 „Gefällt mir“

Das geht gar nicht! Das muss geändert werden.

Moin und danke @Scott für den Hinweis.
Das ist total ätzend. Für alle Konsumenten und besonders nochmal für Patienten. In einer Großstadt ist man völlig aufgeschmissen und außerdem kann doch keiner wissen, ob der Ort an dem man gerade ist und etwas einnehmen muß, sich außerhalb diverser Radien befindet.

In dem verabschiedeten Gesetzesentwurf vom 16.8. ist der Paragraph leider unverändert übernommen worden:
„§ 5 Absatz 2 und 3 des Konsumcannabisgesetzes gilt entsprechend für den öffentlichen Konsum von Cannabis zu medizinischen Zwecken mittels Inhalation.“ (S. 57,
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/C/Cannabis/Gesetzentwurf_Cannabis_Kabinett.pdf)

Somit bleibt als letzte Hoffnung die Diskussion des Gesetzes im Bundestag.
Ich denke, es könnte etwas bringen, diesen Sachverhalt (objektive Verschlechterung der Rechte von Cannabispatienten durch das neue Gesetz) allen Abgeordneten nochmal vor Augen zu führen.
Wir können dazu als Patienten/Angehörige einen Brief aufsetzen und an alle Abgeordneten schicken. Alternativ eine Petition machen und Unterschriften sammeln.
Die Frage ist dabei, ob wir uns auf diesen einzelnen Punkt beschränken oder auch gleich alle anderen Benachteiligungen für Cannabispatienten mitaufzählen. Dann wird es mehr eine Kopie der Stellungnahme der ACM :smile:
Was meint Ihr?

3 „Gefällt mir“

Ich denke den eigenen Wahlkreisabgeordneten schreiben ist auf jeden Fall hilfreich, am besten verbunden mit einer Darstellung der persönlichen Situation und welche Auswirkungen das Gesetz so hätte.

1 „Gefällt mir“

Ja, dann wäre gut wenn wir ein Schreiben vorbereiten, das wir möglichst weit unter allen Patienten streuen. Mit Formulierungsideen und auch Kontakten zu ihren Abgeordneten. Wollen wir das angehen?

1 „Gefällt mir“

Um das Thema mal wieder nach oben zu bringen…
Gilt die Abstandsregel jetzt auch für Patienten?
Wenn ja, muss ich jetzt echt mit Bubatzkarte auf’m Handy spazieren gehen und, muss der Vaporizer in Verbotszonen aus sein oder reicht es wenn ich nicht dran ziehe?

Ja, sofern der Patient ein Präparat zur Inhalation verwendet. Sprich Tropfen und Mudsprays wie SativeX oder CannaXan gelten nicht:

§ 24
Kinder- und Jugendschutz im öffentlichen Raum
§ 5 Absatz 2 des Konsumcannabisgesetzes gilt entsprechend für den öffentlichen Konsum von Cannabis zu
medizinischen Zwecken mittels Inhalation.

Allerdings beruht die Bubatzkarte auf der 100m Regel, wohingegen im Gesetz nun die Sichtweite festgeschrieben wurde, oder?

Genau. Dazu kommt noch, dass es bei manchen Einrichtungen Sichtweite zum Eingang ist, was die Sache zum Glück noch etwas einschränkt.

Danke für die Zusatzinfo. Ich denke, mit der Bubatzkarte ist man auf der sicher(er)en Seite.

Mal noch 'ne spitzfindige Frage:
Was, wenn sich kein Cannabis im Vaporizer befindet. Andere Kräuter sind da gut geeignet. Was, wenn der Vaporizer kalt und/oder gar leer ist? Darf ich dann daran ziehen?
Die Fragestellung bitte auch synonym zur gedrehten Tüte sehen, die zwar optisch den Anschein erweckt, aber nicht zwangsweise Cannabis enthalten muss.
In mir keimt nämlich langsam der Gedanke, dass es nicht um den Konsum eines bestimmten Produktes geht, sondern um die Art und Weise des Konsums. Welches Kindergartenkind kann denn eine Zigarette von einer mit Cannabis gestopfte Kingsize Zigarette mit Filter unterscheiden? Oder umgekehrt, einen „echten“ Joint von einem, der nur das Gras vom letzten Rasenschnitt enthält?
Und wie sieht es mit Edibles aus? Was unterscheidet äußerlich einen Brownie von einem Canna-Brownie?

1 „Gefällt mir“

KEINE EINSCHRÄNKUNGEN FÜR PATIENT:INNEN!

Hallo

Meinem Verständnis nach zählen die befürchteten Einschränkungen nicht für Patient:innen.
Medizinisches Cannabis ist laut §1 8. a) im CanG explizit NICHT mit dem Begriff ‚Cannabis‘ gemeint:

§1 Im Sinne dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ist oder sind

  1. Cannabis: Pflanzen, Blüten und sonstige Pflanzenteile sowie Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden
    Pflanzen einschließlich den pflanzlichen Inhaltsstoffen nach Nummer 1 und Zubereitungen aller vorgenannten
    Stoffe mit Ausnahme von

a) Cannabis zu medizinischen Zwecken oder Cannabis zu medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken im Sinne
von § 2 Nummer 1 und 2 des Medizinal-Cannabisgesetzes

Liebe Grüße

2 „Gefällt mir“

*edit: ich habe eine Zusammenfassung in dem Post „Keine Einschränkungen für Patient:innen“ gedropped.

1 „Gefällt mir“

Danke für’s Aufdröseln. Sehe ich genauso und bin genauso verwirrt.
Ich habe mal einen Brief an die SPD Bayern geschickt, mit der Bitte, die Abstandsflächen farbig auf dem Boden markieren zu lassen. Bei den Bußgeldern in Bayern kann man diesen Service eigentlich verlangen. Das ist ja wie ein Bußgeld für „Parken außerhalb der markierten Flächen“, ohne dass überhaupt was markiert wäre.

3 „Gefällt mir“

§24 MedCanG ist leider ein Unding. Konkret heißt das doch, keine legale Einnahme in der Fußgängerzone und anderen Verbotszonen wie, im Freibad, auf Volksfesten, in Vergnügungsparks, auf Spielplätzen als betreuendes Elternteil, etc etc Vermutlich auch nicht auf Bahnhöfen, in Flughäfen, usw.

Man hätte generell, auch für Freizeitkonsumenten, wenigsten einfach eine Gleichbehandlung mit Tabak machen können, für Patienten ist die jetzige Regelung einfach schlecht.

2 „Gefällt mir“

Willkommen im Club AshySlashy :wave:
Schön, dass dein erster Beitrag bei mir gelandet ist.

Danke. Mir wärs lieber das Thema müsste es nicht geben. Kann jemand einschätzen ob man gegen den Artikel klagen könnte?

1 „Gefällt mir“

Wo erkennst du diese Benachteiligung?
Ich finde solche Hinweise eben nicht im Gesetzestext. Weder im KCanG noch im MCanG.

Medizinisches Cannabis ist vom Begriff her nicht als ‚Cannabis’ definiert und kann somit mit den Einschränkungen nicht gemeint sein.

Ich habe meine Erkenntnisse in diesem verlinkten Post aufgedröselt:

Patientinnen und Patienten durften schon vor der Entkriminalisierung zB in Bahnhöfen inhalieren, bzw überall dort wo geraucht werden darf.

Meines Erachtens sind die Umstände für Patient:innen und Konsument:innen EINFACH NUR BESSER geworden.
Klar gibt es einiges zu bemängeln, aber die Zeit der Prohibition ist vorbei und daran sollten wir uns schleunigst gewöhnen.

3 „Gefällt mir“

@holziffb

Gehüpft wie gesprungen - es wird in Paragraf 24 von inhaliertem medizinischen Cannabis gesprochen.

Kein Plan was du mit den Brownies vorhast.

Mit Brownies (oder mit/in was auch immer Cannabis verbacken wurde) meine ich, dass deren Verzehr in den Verbotszonen ebenfalls nicht erlaubt ist.
Jetzt soll mir bitte mal jemand erklären, woran man „innerhalb der Sichtweite“ der zu schützenden Einrichtung erkennen kann, dass ich einen Brownie mit Cannabis genieße.
Oder bricht im Umkreis jeder Schule jetzt Panik aus wenn jemand einen selbstgebackenen Brownie, Muffin, Keks, Rüblikuchrn (und was sonst noch geeignet ist) verzehrt?

Das ist ein sehr spezifisches Worst Case Szenario.

Bei deinem Beispiel scheint es mir unumgehbar zu sein, DASS man in einem speziellen Einzelfall, als Patient:in oder Konsument:in verknackt werden kann.

Aber auch hier gibt es dank dem CanG positive Veränderungen:
Falls es eine Strafe gibt, wird es nur ein Bußgeld sein.

(Du wirst nicht überwacht.
Deine Wohnung wird nicht durchsucht.
Du behälst deinen Führerschein vermutlich.
und und und
vieles vieles mehr
…)